Montag, 20.05.2013
Heute mussten wir unser tolles erstes Domizil verlassen. Nach dem diesmal guten Frühstück – am ersten Morgen waren wir wohl zu spät dran – machten wir uns auf, unserem nächsten Ziel Swakopmund entgegen. Ein längerer Fahrtag mit einigen Zwischenstopps lag vor uns. Die namibischen Pads waren in unterschiedlich gutem Zustand und erlaubten Geschwindigkeiten zwischen 60 und 110 km/h. Zunächst fuhren wir ein Stück auf dem Weg zurück, den wir schon von Windhoek aus gekommen waren. Landschaftlich war die Gegend durch das Naukluft Gebirge geprägt und sehr schön. Bald schon änderten sich die Landschaftformen jedoch und wir kamen in flaches Savannenland. Unterwegs sichteten wir die ersten Strauße, die ganz frech als "Verkehrsteilnehmer" mitten auf dem Pad vor uns her rannten, und die ersten Oryxe bei Tageslicht. Wunderschön die Wappentiere Namibias. Danach fuhren wir in den Namib-Teil des Namib/Naukluft-Parks ein. Dort war das Highlight der Kuiseb-Canyon, eine sagenhafte Canyonlandschaft, die durch das Buch von Henno Martin berühmt wurde. In dem Tatsachenroman „Wenn es Krieg gibt gehen wir in die Wüste“ beschreibt Henno Martin, wie er mit seinem Freund Hermann Korn und dem Hund Otto zweieinhalb Jahre in die lebensfeindliche Gegend des Kuiseb ausgezogen war, um dem Internierungslager während der Phase des 2. Weltkriegs zu entgehen. Das Buch haben wir zu Hause und haben es beide gelesen. Obwohl die Bedingungen sehr gut beschrieben waren, konnten wir uns vor Ort erst richtig vorstellen, wie hart das Leben in der Wüste gewesen sein muss. Eine unwirtlichere Gegend kann man sich kaum vorstellen. Wir besuchten auch den Henno Martin Shelter, einen Gedenkstein auf dem ihm gedacht wird. Jemand hatte richtiger Weise die auf dem Stein fehlenden Hermann Korn und Otto mit hinzugeschrieben. Ganz nebenbei war die Canyonlandschaft einfach nur faszinierend. Beachtet werden muss, dass für die Zufahrt zum Kuiseb-Canyon ein Permit benötigt wird. Die Transitstraße hingegen kann ohne befahren werden.
Nach weiteren vielen Kilometern auf der Schotterstraße gelangten wir zum Vogelfederberg. Auch für diesen kurzen Abstecher von der Hauptstraße wird das Permit benötigt. Wir besorgten uns dieses in der Ranger Station in Sesriem. Wir hatten keine Vorstellung wie der Vogelfederberg aussehen würde. In der nun topfebenen Landschaft ragte der Felsen, es waren eigentlich zwei, unübersehbar aus der Ebene. Von unten sah er gar nicht so hoch aus, doch von oben hatte man einen tollen Überblick über die schöne Wüstenlandschaft. Hier war es auch gerade ziemlich heiß, so dass wir es nicht allzu lange aushielten. Einen Abstecher bzw. Zwischenstopp sind sowohl der Kuiseb-Canyon als auch der Vogelfederberg wert. Bei beiden sollte man etwa eine Stunde bzw. eine halbe Stunde einplanen, das reicht.
Bald danach tauchte am Horizont etwas auf, das wir zunächst fälschlicher Weise für ein Gebirge hielten. Es entpuppte sich später als eine riesige Wolkenwand, die über der Meeresküste hing. Kurz vor Walvis Bay besuchten wir noch die Düne 9, die größte in dieser Gegend. Dort gibt es jede Menge Anbieter von Quad-Touren in die Dünen und für Dünen-Boarding. Dahinter lag die riesige Dünenlandschaft des Gorob Nationalparks, der sich entlang der Küste erstreckt. Von Walvis Bay, das gerade noch ein paar Sonnenstrahlen abbekam, fuhren wir an der Küste entlang und sahen das erste Mal das Meer der namibischen Atlantikküste. Schon bald verschlang uns der Nebel des bekannten Wetterphänomens um Swakopmund. Durch die kalte Atlantikströmung bildet sich dieser Nebel morgens fast immer. Sofern die Sonne zu wenig Temperatur entwickelt, bleibt dieser den ganzen Tag über der Küste hängen. Nur wenige Kilometer ins Landesinnere ist dann jeweils wieder strahlender Sonnenschein. Attila kennt dieses Phänomen auch aus San Diego, Kalifornien, wo es „May Grey“ genannt wird. In Swakopmund angekommen bezogen wir unsere Unterkunft Meike´s Guesthouse, das von einem deutschen Ehepaar geführt wird. Wir wurden sehr freundlich empfangen und bekamen einige Tipps. Für den morgigen Abend machte uns Meike sogleich eine Reservierung im besten Fischrestaurant der Stadt The Tug´s klar. Es war sehr frisch als wir uns auf den Spaziergang in die Stadtmitte machten, wir mussten beide eine Jacke anziehen. Im deutschen Brauhaus tranken wir erst mal ein Bierchen, um dann um die Ecke in einem kleinen Lokal eine hervorragende Holzofenpizza zu genießen. Zurück zu Hause freuten wir uns schon auf den morgigen Tag, an dem wir die Living Desert Tour bei Chris Nel gebucht hatten.
Dienstag, 21.05.2013
Die Suche nach den „Little Five“ in der Namib-Wüste begann, als uns Douglas von Living Desert Tours um kurz nach 08:00 Uhr vor der Unterkunft abholte. Er ist gebürtiger Südafrikaner und inzwischen namibischer Staatsbürger. Wie sich zeigen sollte kennt er Flora und Fauna der Wüste wie seine Westentasche. Mit uns im Land Rover unterwegs waren ein Südafrikaner, ein Ehepaar aus Los Angeles und – welche Überraschung – die beiden Schweizer, mit denen wir den Sonnenuntergang auf Dune 45 erlebt und ihnen dort den Tipp für diese Tour gegeben hatten. Eine gemischte und lustige Truppe machte sich also auf den Weg die Namib zu erkunden. Wir waren noch nicht weit gekommen, da hielt Douglas gleich nach Verlassen von Swakopmund auch schon das erste Mal unter der Brücke über den Swakop River an. Dort ließ er Luft aus den Reifen, um im tiefen Sand der Dünenlandschaft besser vorwärts zu kommen und begrüßte uns nochmals offiziell. Kurz danach der nächste Stopp. Hier bekamen wir eine lange, aber für später sehr nützliche Einweisung in den Lebenskreislauf in der Wüste. Die Kurzfassung: Starke Winde wehen Gräser, Samen und allerlei Sonstiges, zu vielen faserigen Klumpen vereint, an den Ebenen vor den Dünen an. Dieses „Müsli“, zusammen mit Wasser aus dem allgegenwärtigen Küstennebel als „Milch“ dient als Nahrung für etwa 200 Arten von Käfern und Insekten, die in der Namib vorkommen. Diese und ihre Eier, die zu Larven heranwachsen, sind Nahrung für die Geckos, Chamäleons und Eidechsen. Da die Käfer etwa 60% ihrer Körpermasse Wasser speichern, dienen sie gleichzeitig als wertvolle Wasserquelle. Die Eidechsen und Geckos sind wiederum auf dem Speiseplan der kleinen giftigen Zwergpuffottern, den sogenannten „SideWindern“. Diese und die Chamäleons werden von Vögeln gefressen. So wiederholt sich der Kreislauf immer wieder. Einzelne Tiere und Pflanzen haben unglaubliche Methoden entwickelt, um an das knappe Wasser zu gelangen. Es regnet so gut wie nie in der Namib. Somit dient der bereits beschriebene Nebel als einzige Wasserquelle.
Die kleinen Klopfkäfer stellen sich beispielsweise morgens kopfüber auf die Dünenkämme und lassen den Nebel auf ihren Chitinpanzer kondensieren. Der hat Rillen, durch die das Wasser dann direkt in die Mäuler fließt. Eine Pflanzenart hat ohrförmige Blätter, die mit einer Wachsschicht ausgestattet sind. Diese macht es dem Kondenswasser unmöglich an den Blättern haften zu bleiben, so dass es direkt nach unten auf den Sandboden unter der Pflanze tropft. So kann man genau erkennen, dass die Böden unter den Pflanzen immer gut durchnässt sind. Von dort nehmen sie über die Wurzeln das Wasser auf und die Wachsschicht verhindert das Austreten nach außen. Nimmt man ein solches Blatt in die Hand und ritzt die Wachsschicht mit dem Fingernagel leicht an, kann man das gespeicherte Wasser sogleich sehen. Zerbricht man das Blatt in mehrere Teile und zerquetscht es in der geschlossenen Hand, kommen unglaubliche Mengen Wasser herausgetropft. Irre! Zudem versetzt die Pflanze das Wasser mit so vielen Salzen, dass die Blätter für Tiere ungenießbar sind und die Pflanze deshalb in Frieden lassen.
Nach diesen vielen, aber für die folgenden Stunden hilfreichen Erklärungen fuhren wir endlich weiter und machten uns auf die Suche nach den sogenannten „Litte Five“ in Anlehnung an die in Afrika bekannten „Big Five“ Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Wir suchten heute dagegen einen durchsichtigen Gecko, eine Eidechse, ein Chamäleon, eine SideWinder und eine Trichternetzspinne, die sich bei Gefahr zusammenrollen und die Düne hinabsausen kann. Um es vorweg zu nehmen, von letzterer fanden wir nur einige Falltüren, die sie mit ihrem Seidenfaden in die Dünenwände baut. Im Tunnel dahinter lauert sie dann auf Beute, die sich der Falltür zu weit nähert und die von der Spinne dann in einem Schnellangriff erlegt wird. Leider waren die Tunnels nach der Falltür jeweils leer. Im Folgenden fuhren wir kreuz und quer durch die Namib-Dünen und wunderten uns immer wieder, wo ein Landrover mit eingeschalteter Differenzialsperre überall durch- und hochkam. Eines der gefundenen Chamäleons wurde mit Larven gefüttert. Unglaublich wie die riesige Zunge herausschnellt um sich die Beute zu schnappen. Die Haut des Geckos ist fast durchsichtig, so dass man Gefäße und Organe erkennen kann. Die Eidechse war klein und unglaublich schnell und nur durch Zufall haben wir überhaupt eine gefunden. Besonders prickelnd war die Begegnung mit der Zwergpuffotter. Wir alle hatten uns diese viel größer vorgestellt als sie war. Den deutlichen Spuren an der Dünenwand folgend hörten diese plötzlich am Fuß der Düne auf. Hier also musste sie unter dem Sand liegen und uns schon lange beobachten. Und tatsächlich, als Douglas mit seinem Metallhaken am Schlangenstab vorsichtig unter den Sand fuhr, kam plötzlich eine tolle ausgewachsene SideWinder zum Vorschein. Sie war sichtlich sauer über die Störung und zischte und Biss nach dem Stab. Obwohl nur etwa 30 cm lang, machte sie mächtig Eindruck auf uns. Bei einem Biss wäre die gute Nachricht, dass man nicht sterben würde. Die schlechte aber ist, man bekäme so krasse Schmerzen, dass man sich wünschte man wäre tot. Dieses kleine Biest hat gleich eine Kombination aus Gewebe- und Nervengift parat. Zum Ende hin fuhren wir mit dem Landrover noch tief in die für sich schon beeindruckenden Dünenfelder hinein und sahen dabei unglaublich schöne Landschaften. Diese Tour war jeden namibischen Dollar Wert und endete mit der Ablieferung vor unserer Unterkunft um 13:30 Uhr. Ein "Must-Do" für jeden Besucher von Swakopmund.
Nach der beeindruckenden Tour durch die Namib gingen wir erstmals in einen namibischen Supermarkt. Der war richtig gut sortiert und Bier, Wein, Wasser und Biltong (getrocknetes Fleisch) landeten u. a. im Einkaufswagen. Am Nachmittag hatten wir die Besichtigung von Swakopmund geplant. Mit dem Reiseführer „bewaffnet“ machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Da die Beschreibungen im Reiseführer nicht wirklich eindeutig waren, mussten wir einige Wege doppelt machen. Unglücklicher Weise und wohl kaum vermeidbar liefen wir den typischen und extrem aufdringlichen Straßenhändlern in die Hände. Vor allem einer ließ nicht locker und wurde unglaublich aufdringlich. Trotz unzähliger eindeutiger und immer lauterer Aufforderungen ließ er sich nicht abschütteln. Erst ein kleiner Hilferuf zu zwei Verkäuferinnen in einem Laden, sie mögen bitte die Polizei rufen, half. Beim Namen Polizei verschwand er augenblicklich. Später versuchte er es doch tatsächlich nochmal, ließ es dann aber nach einer erneuten Aufforderung endlich sein. Etwas blöd, so hat er uns für einige Zeit echt die Stimmung versaut, einfach gemütlich durch das beschauliche Städtchen mit den unzähligen Spuren deutscher Kultur zu schlendern. Trotzdem schauten wir uns natürlich danach noch die Sehenswürdigkeiten wie das Alte Amtsgericht, das Wöhrmann Haus und die lange Jetty am Hafen an. Auch eine schöne kleine Namibiafahne konnten wir finden und kaufen. Wir bringen uns aus jedem Urlaub eine solche mit nach Hause. Am Abend hatten wir über unsere Gastgeberin Meike im angeblich besten und beliebtesten Restaurant Swakopmunds The Tug´s einen Tisch reserviert. Nachdem wir uns zunächst ein Bierchen in Kücki´s Pub gönnten, kamen wir pünktlich im Restaurant an. Wir bekamen einen tollen Tisch mit Ausblick auf den durch Scheinwerfer angestrahlten Strand zugewiesen und genossen ein tolles und leckeres Abendessen. Wirklich empfehlenswert und angesichts der Qualität des Fisches und der Steaks nicht einmal übermäßig teuer. Die Taxifahrt nach Hause geriet wieder zu einem kleinen Abenteuer, denn wir mussten dem Fahrer doch glatt erklären, wo er hinfahren musste. Zum Glück erkannten wir den Supermarkt zur Orientierung wieder und wussten dann wo es lang ging. Wir hatten den Eindruck, der Fahrer wollte uns noch ein wenig durch die Gegend kutschieren, um mehr Geld abzusahnen.
Fazit: Wer nicht übermäßig an Städten und deren Kultur interessiert ist, sondern vielmehr das Land und die Tiere genießen will, für den reicht ein Tag in Swakopmund zur Besichtigung völlig aus. Mitmachen muss man unbedingt die Living Desert Tour und das Abendessen im The Tug´s.